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Voraussetzungen
Die Entwicklung und die Anwendung des Assessments sind an eine Vielzahl von Voraussetzungen geknüpft. Deren Beachtung im wissenschaftlichen bzw. praktischen Kontext kann verhindern, dass gut gemeinte Forschungsabsichten und Ideen zur Verbesserung der Pflegepraxis im Sande verlaufen.
So kann beispielsweise die gut gemeinte Absicht ein Messverfahren für chronische Müdigkeit zu entwickeln an fehlenden forschungmethodischen Kenntnissen scheitern. Die Berechung testtheoretischer Kennwerte (Reliabilität, Validität etc.) reicht hier nicht aus. Ebenso sind Kenntnisse in geeigneter Stichprobenbildung (sog. sampling) für die Normierung und die Berechnung von Kosten-Nutzen-Quotienten wichtig um nur einige Aspekte zu nennen, die häufig vernachlässigt werden.
Im Hinblick auf die praktische Umsetzung ist es wichtig, dass die Praxis die Notwendigkeit eines entsprechenden Assessments erkennt und erlebt. Nichts ist schlimmer als ein Assessment, das durchgeführt wird, weil es von oben diktiert wird und bei dem gleichzeitig die Relevanz nicht gesehen wird. Besonders problematisch sind Übernahmen von Assessments durch Pflegende, die aber nicht handlungsrelevant sind, weil sie beispielsweise der Datengewinnung für andere Berufsgruppen (z.B. Medizinern, Kostenträgern etc.) dienen.
Voraussetzungen für die Entwicklung und Anwendung im Forschungskontext:
- Entwicklung der Instrumente unter Beachtung theoretischer Konzepte (Augenscheinvalidität reicht nicht!)
- Abwägung der Relevanz und Wichtigkeit verschiedener Instrumente. Auch aus forschungsethischen Gründen sollten Instrumente nach Bedürftigkeit und nicht nach Interessen der Forschenden oder deren Kompetenz entwickelt werden
- Kenntnis in Methoden der Itemreduktion (Faktorenanalyse, Itemanalyse, Rasch-Skalierung etc.)
- Bewertung der Instrumente hinsichtlich Praktikabilität und Ökonomie
- Prüfung der Eignung des Instruments für die längsschnittliche Verlaufsmessung
- Prüfung der Generalisierbarkeit auf verschiedene Pflegebereiche (ambulante Pflege vs. stationäre Pflege), verschiedene Patientengruppen und verschiedene Anwendungsarten (Fremd- vs. Selbstassessment)
- Umfassende Prüfung der Gütekriterien
- Beteiligung von Pflegenden an der Entwicklung
- Möglichkeit zum einrichtungsübergreifenden Vergleich der erhobenen Daten, z.B. für epidemiologische Auswertungen
- Entwicklung spezifischer Assessmentinstrumente (z.B. kindgerechter visueller Schmerzskalen bei Tumorerkrankungen) statt globaler und scheinbar universell nutzbarer Skalen ("segementierte Assessments")
- Schnelle Integration in statistische Auswertungsprogramme
- Beachtung der Patienten/- Bewohnerautonomie
Implentierungs- und Durchführungsvoraussetzungen:
- Strukturierte Planung bei der Umsetzung, d.h. Partizipation der Pflegenden und Patienten/Bewohner
- Genaue Klärung von Beurteilungskriterien, d.h. Information über Begrifflichkeiten und der pflegespezifischen Sprache, evtl. Beobachterschulung
- Umfassende Information der „Endnutzerinnen“ über den Sinn und Zweck des Assessments
- Bevorzugte Nutzung von Selbstassessments statt Fremdassessements
- Prüfung und Sicherstellung der dauerhaften Handlungsrelevanz (z.B. zur Prioritätensetzung oder zur Ableitung entsprechender Pflegemaßnahmen)
- Minimierung des Dokumentationsaufwandes
- Synthese verschiedener Assessments mit anderen Beobachtungsdaten, d.h. Entwicklung von Kriterien, wann das Fallverstehen nicht mehr ausreicht und wann weitere strukturierte Daten erfasst werden müssen
- Genaue Operationalisierung und Definition der Zielvariablen
- Genaue Aufgabenzuteilung für das Assessment und nachfolgender Konsequenzen auf der Grundlage pflegerischer Leitlinien und Standards (Klärung der Verantwortlichkeiten)
- Integration in die EDV (z.B. elektronische Patientenakte) und in den Pflegeprozess
- Entwicklung klarer Kriterien für den Beginn und die Beendigung des Assessments.
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